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Zusammenarbeit mit Familien, die unsere Arbeit schwierig machen.

„Die Elternarbeit ist einfach nicht mehr das, was sie mal war.“ Diesen und ähnliche Sätze höre ich in letzter Zeit sehr regelmäßig und ich sehe eine große Parallele zu dem Gedanken „Die Kinder werden immer herausfordernder.“ Auf der einen Seite möchte ich dem zustimmen, denn ja, es hat sich in den letzten Jahren sehr viel verändert – ein Glück, denn Stillstand wäre definitiv die schlimmere Variante – und zeitgleich habe ich auch ein ganz großes „Aber“ in meinem Kopf.


Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit den Veränderungen in der Zusammenarbeit mit Familien und möglichen Lösungsansätzen für pädagogische Fachkräfte, um die Verbundenheit und Leichtigkeit in sozialen Einrichtungen zu fördern.

Verzweiflung während der Bildungskrise

Ein Spiegel der Gesellschaft - wie die „Elternarbeit“ sich verändert hat


Die Zusammenarbeit mit Familien ist heute sicherlich komplexer als noch vor 30 Jahren. Die gesellschaftlichen Veränderungen – wie der Wandel der Familienstrukturen, die zunehmende Berufstätigkeit beider Elternteile und der Einfluss der Medien – haben dazu geführt, dass Familien sich anders strukturieren müssen oder auch wollen als früher.

Die Anforderungen an Eltern waren immer groß und dennoch würde ich behaupten, dass sich der Druck erhöht und Stress und Überforderung immer häufiger zum Familienalltag gehören. Die Unterstützung von Großeltern und innerhalb der Nachbarschaft sind heutzutage alles andere als selbstverständlich und es gibt immer mehr pädagogische aber auch organisatorische Fragen auf die es gesellschaftlich eine richtige und eine falsche Antwort gibt. Was wir in der Vesperdose eines Kindes vorzufinden haben oder wie viel Bildschirmzeit angemessen ist, wird kaum noch mit einem individuellen Spielraum beantwortet, indem Familien die für sich passende Antwort finden können. Ein wirkliches dazwischen gibt es immer seltener.


Dem gegenüber stehen die Vorstellungen und Erwartungen an die „Erziehung“ von Kindern. Die Perspektive der Familien stimmt nicht immer mit der der Kita überein, was zu Missverständnissen und Konflikten führen kann. Ganz besonders dann, wenn Familien das Gefühl haben, dass ihre eigenen Bedürfnisse und Ansichten nicht ausreichend berücksichtigt werden.


Die Zusammenarbeit mit Familien ist also ein Spannungsfeld, das nicht mehr mit ein paar Elternbriefen und dem ein oder anderem Tür-und-Angel-Gespräch zum Erfolg führt. Wir dürfen etwas kreativer werden und haben dadurch die Chance die Bildungs(r)evolution nicht nur in sozialen Einrichtungen, sondern auch in der Gesellschaft voranzutreiben.

 

Der Druck auf die pädagogischen Fachkräfte


Die Veränderungen innerhalb der Gesellschaft und damit auch innerhalb der Familien haben eine direkte Auswirkung auf die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte. Verändert sich das System eines Kindes, verändert sich die Art und Weise wie Fachkräfte mit einem Kind interagieren. In erster Linie müssen diese Veränderung wahrgenommen werden, um anschließend dementsprechend reagieren zu können.

Da dies in den meisten Fällen neue, kreative Handlungsweisen von uns Fachkräften fordert, brauchen wir vor allem Zeit.
  • Zeit für Beobachtung und Dokumentation

  • Zeit für Austausch

  • Zeit für Fortbildungen, Impulse und neue Perspektiven

  • Zeit für Lösungsfindungen

  • Zeit zum Ausprobieren

  • Zeit zum Reflektieren


Neben dem intensiveren Umgang mit den Kindern, brauchen auch Familien eine neue Form des Umgangs. Sie brauchen Raum für ihre Erwartungen und Sorgen und in vielen Fällen auch eine fachliche Aufklärung. Denn während die bedürfnisorientierte Pädagogik sich in den sozialen Einrichtungen immer mehr ausbreitet, haben wir gesellschaftlich einen noch längeren Weg vor uns.

Der Stand der Wissenschaft hat sich in den letzten 10 Jahren so schnell weiterentwickelt, dass selbst Fachkräfte an ihre Grenzen kommen, dauerhaft auf dem neusten Stand zu bleiben. Geschweige denn den neusten Stand in ihrem pädagogischen Handeln tagtäglich umzusetzen.

Wie also sollen Familien ohne fachlichen Hintergrund und in voller Auslastung den neusten Stand der Pädagogik verinnerlichen?

Verständlich, dass Familien die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn es heißt, dass die Kinder nun selbst entscheiden dürfen, ob sie bei Regenwetter eine Matschhose anziehen oder nicht.

Denn was bedeutet das für zu Hause? Und wie werden die Großeltern darauf reagieren? Außerdem haben wir die Wechselklamotten so schon ständig vergessen. Das klappt doch nie…


Solche und ähnliche Reaktionen können unsere Arbeit erschweren und uns pädagogischen Fachkräften das Gefühl geben, die Familien legen uns neben all den erschwerten Rahmenbedingungen weitere Steine in den Weg. Gerade dann, wenn du das Gefühl hast, dass die Zusammenarbeit immer schwieriger wird, lohnt es sich einen Schritt zurückzutreten und die Perspektive zu wechseln. Anstatt sich auf all die Schwierigkeiten zu konzentrieren - und ja davon gibt es viele - kann es hilfreich sein, sich auf die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu fokussieren. Die Familien wollen das Beste für ihre Kinder und das ist so unfassbar wichtig! Hinter einer Aussage wie: „Aber mein Kind kommt nächstes Jahr in die Schule und hat dann auch nicht die Möglichkeit sich zu entscheiden.“ steckt vermutlich nur die Sorge, dass das Kind in der Schule mit seinen Bedürfnissen nicht gesehen wird und den Anforderungen nicht gerecht wird.

Und genau hier liegt doch das gemeinsame Ziel von uns Fachkräften und den Familien, das als Basis für die Zusammenarbeit dienen kann.


 

Ideen für eine gelingende Zusammenarbeit mit Familien


Es gibt viele Schlüssel für eine guten Zusammenarbeit mit Familien - bei allen ist mir aber eine Sache besonders wichtig: Familien sind unsere Partnerinnen und Partner, wenn es um die Begleitung ihrer Kinder geht und das muss unbedingt spürbar sein. Ein wichtiger Punkt ist daher ihnen die Möglichkeit zu geben sich als Expertin oder Experte ihres Kindes zu zeigen und auch zu fühlen. Hier ein paar Ideen von mir für euch, die gerne angepasst und weiterentwickelt werden können.


 

Transparenz in Bildungseinrichtungen


Hand aufs Herz: Wie viel Zeit hast du im Kitaalltag für einen ehrlichen und ruhigen Austausch mit den Familien? Ja genau! Die Bring- und Abholzeiten sind davon geprägt, dass viele unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander treffen und wenn überhaupt nur das Nötigste gesprochenen werden kann, was sich meist auf Organisatorisches beschränkt. Das gleiche gilt aus Sicht der Familien. Sie kommen meist nur zweimal am Tag in die Bildungseinrichtung Kita, aber was können sie in diesen Zeiten wirklich wahrnehmen? Bildungsangebote nehmen wohl eher weniger Platz ein und das ist auch völlig in Ordnung. In einer Situation in der die Kinder gebracht oder geholt werden und damit einen Übergang erleben, fordert nunmal Bindung und Feingefühl, statt Farbenlehre und Co. Trotzdem sollten wir den Familien die Möglichkeit geben, die pädagogische Arbeit die jeden Tag geleistet wird, wahrnehmen zu können. Und ich spreche an dieser Stelle nicht allein von Bildungsangeboten wie Basteln oder Bilderbuchbetrachtungen, sondern vor allem auch von einer Pädagogik, welche von den Profis vorgelebt wird. Um im Vorbeigehen professionelle pädagogische Handlungen von Fachkräften als solche erkennen zu können, brauchen viele Familien Grundwissen, das sie sich ohne unsere Unterstützung nicht aneignen können. Oder eignest du dir an einem regnerischen Nachmittag die Grundsätze der Physik an, nur weil es Bücher dazu gibt?

Es gilt also die Familien mitzunehmen und durch eine alltägliche Transparenz unsere Arbeit für sie sichtbar zu machen.

Jetzt gibt es natürlich viele tolle Ideen, wie wir diese Transparenz gelingen kann und von einer Wochenübersicht an der Gruppentür bis zu einem schwarzen Brett im Flur, dass jeden Freitag mit Bildern und kurzen Beschreibungen der Woche gefüllt wird, ist alles möglich. Da dies alles zusätzliche Zeit kostet, möchte ich an dieser Stelle etwas ganz Simples vorschlagen.

Gebt den Kindern regelmäßig ihre Portfolios mit nach Hause. Zum einen ermöglicht ihr den Familien einen wunderbaren Gesprächsanlass mit ihren Kindern und sie werden von Situationen aus der Kita erfahren, die ohne Impuls vielleicht niemals besprochen worden wären. Die Familien können dadurch zumindest ein paar Momente durch die Augen ihrer Kinder sehen und durch die Beobachtungstexte im Portfolio sehen wie viel Bildung jeden Tag stattfindet.

Zum anderen haben wir Fachkräfte einen Grund mehr das Portfolio aktuell zu halten und die vielen bereits gedruckten Fotos endlich an ihren Platz zu kleben. Im besten Fall führt diese Regelmäßigkeit sogar dazu, dass die festen Beobachtungs- und Dokumentationszeiten im Team auch wirklich eingehalten werden. Denn ja, der Alltag ist häufig turbulent und es gibt so viel anderes zu tun, aber wie wollen wir pädagogisch auf höchstem Niveau arbeiten, wenn die wichtigste Grundlage dazu nicht ernst nehmen.


 

Partizipation im Alltagsgeschehen


Eine weitere Möglichkeit Familien als Expertinnen und Experten in die Bildungswelt zu integrieren ist die Partizipation über die Basics wie Elternsprecher:innen hinaus. Je mehr Möglichkeiten wir schaffen, Familien wirklich zu sehen und zu hören, desto solider wird das Fundament einer gelingenden Zusammenarbeit.


Eine Methode, um den Gedanken von Familien ohne großen Aufwand Raum zu geben, ist das leere Puzzle. Ein positiver Nebeneffekt dieser Methode ist der Fokus auf positives Feedback. Natürlich ist ein durchdachtes Beschwerdemanagement als Zusatz unverzichtbar.


Die Erklärung sowie eine Vorlage für die direkte Umsetzung in Du- und in Sie-Form findest du hier zum Herunterladen:


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